Mut zu Entscheidungen

Strategieauswahl als Voraussetzung für eine konsequente Strategieumsetzung

Im Rahmen eines Strategieprozesses erarbeitet die Geschäftsleitung einer im Baugewerbe tätigen KMU ihre neue Zukunftsausrichtung. In vier Workshops werden die aktuelle Situation und der Ausblick analysiert, die Vision definiert sowie mehrere strategische Alternativen erstellt. Die strategischen Alternativen zeigen unterschiedliche Entwicklungsoptionen für das Unternehmen auf. Im Rahmen des dritten Workshops werden diese Alternativen bewertet. Obwohl eine Alternative klar priorisiert wird, zögern die Mitglieder der Geschäftsleitung mit der Auswahl. Sie wollen sich nicht auf eine Alternative festlegen, da die anderen Alternativen je nach Szenario auch sinnvoll erscheinen. Der externe Projektbegleiter schafft es schlussendlich, die Mitglieder der Geschäftsleitung zur Auswahl der priorisierten Variante zu bewegen. Am letzten Workshop werden zur Umsetzung der gewählten Strategie die strategischen Ziele und entsprechende Massnahmen formuliert. Die Mitglieder der Geschäftsleitung haben zur Vorbereitung bereits einen Entwurf des Massnahmenplanes erstellt. Überrascht stellt die externe Projektbegleitung fest, dass die Mitglieder der Geschäftsleitung nicht nur für die priorisierte Strategie Massnahmen definiert haben, sondern auch für Inhalte von nicht priorisierten und im Rahmen des dritten Workshops verworfenen strategischen Alternativen. Die Umsetzungsmassnahmen sind entsprechend sehr umfassend und wenig stringent.

Wie wir bereits in anderen Beiträgen gelesen haben, ist ein häufiger Grund für scheiternde Strategien, dass sie nicht konsequent umgesetzt werden. Doch im vorliegenden Fall beginnt das Problem noch früher: Die Geschäftsleitung schafft es nicht, sich auf eine klare strategische Ausrichtung für die kommenden vier bis fünf Jahre festzulegen. Im vorliegenden Fall hängt dieser fehlende Mut auch damit zusammen, dass in diesem Familienunternehmen vieles schon immer so gemacht wurde, wie es heute gemacht wird.

Sich nicht festlegen zu können ist ein Problem, welches wir in der Praxis nicht nur in Zusammenhang mit Strategien feststellen. Häufig schaffen es Geschäftsleitungen nicht, sich zu fokussieren. Man möchte möglichst alles machen und anbieten. Grund ist häufig die Angst zu versagen. Unverbindlichkeit scheint davor zu schützen. Denn ob etwas gescheitert ist, lässt sich schlussendlich nur sagen, wenn man sich überprüfbar darauf festgelegt hatte. Es ist zudem psychologisch anspruchsvoll, etwas wegzulassen („Trade-offs“). Dies speziell dann, wenn es schon immer so gemacht wurde und sich in der Vergangenheit bewährt hat.

Die beste Strategie nützt nichts, wenn sie nicht konsequent umgesetzt wird. Dafür braucht es vor einem stimmigen Umsetzungsplan die innere Überzeugung und die Courage der Geschäftsleitung. Diese muss sich zur Strategie bekennen, um sie auch konsequent und mit vollem Elan vertreten zu können. Dazu gehört, sich für die nächsten vier Jahre auf eine strategische Ausrichtung zu fokussieren und damit auch zu entscheiden, was bewusst nicht gemacht wird. Verzichten fällt schwer, hilft Ihnen aber, sich auf die wichtigsten Massnahmen zu beschränken und diese mit den vorhandenen – meist knappen – Ressourcen konsequent umsetzen zu können. Eine mangelnde strategische Fokussierung führt leicht zu überdimensionierten Massnahmenplänen und in der Folge zu Verzettelung und Überforderung, und damit zum Scheitern der Strategie.

Sollten sich strategische Entscheide später als nicht richtig herausstellen oder sollten sich geplante Massnahmen als nicht geeignet erweisen, so können und sollen Sie im Rahmen von jährlichen Strategiereviews Korrekturen beschliessen.

Rouven Zürcher
Betriebsökonom FH