Steuerung der Qualität

Qualität managen
Wie bauen Sie ein systematisches Qualitäts­management auf? In der Regel starten Sie nicht mit der Planphase des Qualitätsregelkreises (vgl. Abbildung), sondern messen in einem ersten Schritt die aktuelle Qualität Ihrer Institution. Anschliessend leiten Sie Sofortmassnahmen ab und setzen diese möglichst rasch um. Erst jetzt wird die anzustrebende Qualität (vgl. S. 2) basierend auf der erfassten Ist-Situation definiert. Sie verhindern somit hochfliegende Qualitätsdefinitionen und erhalten meistens realistischere Zielvorstellungen.

Im Anschluss starten Sie mit dem regulären Ablauf des Qualitätsregelkreises. Nachdem Sie in der PLAN-Phase die Qualität, ausgehend von Ihren Messungen, festgelegt haben, werden die Prozesslandkarte und die Beschreibungen zentraler Prozesse erstellt oder wenn bereits vorhanden aktualisiert. In der DO-Phase versuchen Sie die zentralen Prozesse zu steuern. Wenn immer möglich ist eine Vereinheitlichung von Abläufen anzustreben, ohne die Autonomie bspw. von Wohngruppen vollständig aufzulösen. Prozedurale Vereinheitlichung heisst nicht inhaltliche Standardisierung. In der CHECK-Phase messen Sie und leiten aus den Ergebnissen Optimierungsmassnahmen ab. Die ACT-Phase dient zur Anpassung der Qualitätskonzepte.

In der Praxis zeigt sich, dass Institutionen sehr gut planen, etwas weniger konsequent lenken, nur noch sporadisch messen und Qualitätsverbesserungen vielfach gar nicht initiiert werden. Gefragt ist hier eine konsequente Führung, die die Umsetzung des Qualitätsregelkreises kontinuierlich «vorantreibt».

Zertifizierung hilfreich?
Braucht Ihre Institution eine externe Zertifizierung der Qualität? Um diese Frage beantworten zu können, müssen Sie sich zuerst die Fragen nach der Wirkung und Notwendigkeit einer Zertifizierung stellen.

Wirkung einer Zertifizierung
Die Institution A (vgl. Abbildung) hat sich für eine externe Zertifizierung entschieden. Zu Beginn ihrer Qualitätsarbeiten arbeiten alle Mitarbeitenden aufgrund der klaren externen Zielvorgaben (Standards) sehr motiviert. Nach Erreichen der Zertifizierung nimmt die Motivation deutlich ab. Eine nächste «Innovationswelle» erfolgt erst vor einem externen Audit oder einer Rezertifizierung.

Institution B möchte ihre Qualität ebenfalls verbessern, strebt jedoch keine externe Zertifizierung an. Die Motivation der Mitarbeitenden ist anfangs eher tief, da die Ziele vorerst unklar sind und zuerst erarbeitet werden müssen. Die Motivation steigt nach Abschluss der Qualitätsinitiierung, weil eine massgeschneiderte Lösung einen deutlich höheren Nutzen bringt.

Notwendigkeit einer Zertifizierung
Ist im Hinblick auf den Branchenfokus eine Zertifizierung vorzuweisen bzw. nötig, muss diese so schnell wie möglich erreicht werden. Versuchen Sie jedoch nach dem Erreichen der Zertifizierung in der Logik der Institution B weiterzufahren und so die Qualität konsequent weiterzuentwickeln.

Ist die Qualitätskultur in Ihrer Institution noch wenig ausgeprägt und das Qualitätsbewusstsein in der Institutionsleitung noch wenig verankert, fällt der Einstieg mit einem «Mindestens-so-gut-Modell» bzw. einem Standard in der Regel leichter.

Wie Ressourcen einsetzen?
Wie setzten Sie die in den meisten Fällen beschränkten Ressourcen am besten ein um ein funktionierendes Qualitätsmanagement aufzubauen und weiterzuentwickeln? Das folgende Beispiel zeigt zwei soziale Institutionen mit unterschiedlichem Qualitätsreifegrad.

Institution A ist «Einsteiger» auf dem Weg zu einem konsequenten Qualitätsmanagement (vgl. Abbildung).  Die Institution sollte den grössten Teil ihrer Ressourcen für die Umsetzung von Massnahmen einsetzen, nur grob und mit wenig Aufwand messen, um Handlungsfelder zu definieren und erst im Laufe der Zeit sukzessive detaillierter und aufwändiger messen.

Institution B ist «Profi» mit mehrjähriger Erfahrung in der konsequenten Umsetzung von Qualitätsmanagement. Die Institution sollte detaillierter und aufwändiger messen, um letzte Schwachstellen zu erkennen und weniger Ressourcen für Massnahmen einsetzen. Prüfen Sie laufend, ob Sie nicht zu viel messen. Die Menge der Messergebnisse ist nicht ausschlagegebend für gute Qualität.

Wie messe ich Qualität?
In der Sozialen Arbeit sind sich viele Professionelle einig, dass Sozialarbeit wirkt, aber die Wirkung der Sozialarbeit nicht gemessen werden kann.

Glaube an Wirkung
Wirksamkeit ist Glaubensgut. Glaube, dass Präventionsprogramme Unfälle oder die Lungenkrebsrate senken, dass eine gute Jugendarbeit soziale Kompetenz erzeugt oder dass Werkstätten für Menschen mit Behinderung zu Vermittlungen in den ersten Arbeitsmarkt führen. Kann die Wirkung der Sozialen Arbeit wirklich nicht gemessen werden?

Viele Institutionen zeigen, dass sich die Wirkung messen lässt. Mit Zufriedenheitsbefragungen der Betreuten, von Angehörigen und externen Stellen, Personalbefragungen oder Standortgesprächen etc. kann Wirkung nachgewiesen werden.

Prozessmessungen
Konzentrieren Sie sich bei Ihren Messungen jedoch nicht auf reine Outputmessungen. Wenn Sie Mängel am Ende des Prozesses feststellen, können Sie nicht mehr eingreifen und die gesamte, bereits erfolgte Wertschöpfung geht verloren. Nehmen Sie entsprechend auch Input- und Prozessmessungen vor. Klären Sie bspw. bei Aufnahme von Klientinnen und Klienten präzise, wie gut die Person in Ihre Institution passt (Inputqualität).

  • Messen Sie nur Sachverhalte, die Sie auch steuern und beeinflussen können.
  • Vermeiden Sie Kennzahlen, die Auswirkungen von Entscheidungen erst mit Verzögerung zeigen.
  • Verlieren Sie nie den Fokus auf die Ziele der Institution.
  • Unterschätzen Sie den Aufwand zur regelmässigen Datenerhebung und -eingabe nicht.
  • Verwenden Sie neben vergangenheitsorientierten (retrospektiven) Kennzahlen auch zukunftsorientierte (prospektive) Kennzahlen. Diese helfen Ihnen, bereits unterjährig korrigierende Massnahmen für die Folgeperiode zu ergreifen.
  • Ordnen Sie den Kennzahlen im Kennzahlensystem die Qualitätsziele zu. Dies hilft Mitarbeitenden, die Verbindung zwischen Zielsetzung und Kennzahlensystem zu erkennen.
  • Nutzen Sie die Auswertungen und Grafiken des Kennzahlensystems als Diskussionsgrundlage für Institutionsleitungssitzungen.

Steuern mit Kennzahlen
Mit einer konsequenten Prozesssteuerung mittels Kennzahlen entwickeln Sie eine Qualitätskultur, die zu besseren Ergebnissen während der Prozesssteuerung aber auch in späten Prozessprojekten führt.

Entscheidend bei der Verwendung von Kennzahlen ist die Interpretation der Kennzahl. Seien Sie sich bewusst, dass die Aussagekraft einer Kennzahl begrenzt ist. Kennzahlen dürfen deshalb nicht als einziges Entscheidungskriterium herangezogen werden, sondern sind in Verbindung mit anderen Informationen und Kenntnissen zu verwenden. 

Marcel Schöni
Betriebsökonom FH