Zu viele Projekte führen zum Overkill

Wenn Projekte nicht mehr beendet werden

In der Geschäftsleitungssitzung der Altersstiftung Abendruh orientieren die Geschäftsleitungsmitglieder über den Stand der Projektumsetzung in ihren Ressorts. Die Pflegedienstleiterin verkündet mit Stolz, dass sie wieder zwei neue Projekte zur Verbesserung der Pflegequalität gestartet habe. Gleichzeitig räumt sie jedoch ein, dass sich die Pflegenden beschweren, vor lauter Projekten kaum mehr ihre ordentliche Arbeit erledigen zu können. Weitere Ressortverantwortliche berichten, dass sie die gleichen Rückmeldungen der Mitarbeitenden erhalten. Vielen Mitarbeitenden sei zudem nicht klar, welche Projekte bereits abgeschlossen seien.

Der Geschäftsleiter ist erstaunt und erklärt, die Anzahl der aktuell laufenden Projekte könne kein Problem sein.

Die wahrgenommene permanente „Projektitis“ ist darauf zurückzuführen, dass viele Projekte nicht richtig abgeschlossen werden, während laufend neue Projekte initiiert werden. Die Mitarbeitenden haben das Gefühl, in immer mehr Projekten involviert zu sein. Sie fühlen sich subjektiv überlastet, sei es durch Projektteam-Besprechungen oder inhaltliche Projektarbeit, sogar wenn sie zeitlich durch die Projekte nicht im Übermass beansprucht werden.

Eine „Projektitis“ kann im schlimmsten Fall zu einem „Projektinfarkt“ führen und das Unternehmen in eine Schockstarre führen. Die Therapie lautet deshalb „Ein Projekt nach dem anderen“. Dass ein Projekt beendet ist, muss aber auch allen Beteiligten klar werden. Und das erfordert, dass die Mitglieder des Projektteams über den Zeitplan inklusive Meilensteine und Enddatum informiert werden, dieser Zeitplan konsequent eingehalten wird und die Projektergebnisse klar kommuniziert werden. 

Projekte  müssen erkennbar und definitiv abgeschlossen werden. Der Abschluss ist anspruchsvoll, da die im Projekt Beteiligten sich häufig bereits anderen Aufgaben zuwenden. Zudem sind die Abschlussarbeiten wenig motivierend und  oft sind dafür auch weder zeitliche Ressourcen noch ein Budget vorgesehen. Beim Projektabschluss geht es darum, zu einem guten, auch für spätere Projekte nutzenstiftenden, Ende zu gelangen. Die Projektarbeit soll reflektiert werden. Wesentliche Erfahrungen sind zu analysieren und Schlussfolgerungen für künftige Projekte daraus zu ziehen. Stellen Sie darum folgende Abschlussarbeiten sicher:

  • Erstellen einer Projektdokumentation mit den Themen „Reflexion des Projekts“, „Zielerreichung“, „Störfaktoren“, „wesentliche Projektrahmenbedingungen“ und „Projektkosten“.
  • Bereinigen und Archivieren der Projektdokumente. Überlegen Sie sich, welche Dokumente auch über das Projektende hinaus von Bedeutung sein könnten.
  • Ritualisieren des Abschlusses mit einer Abschlusssitzung, eventuell gefolgt von einem Apéro, Nachtessen o.Ä.

Aus psychologischer Sicht ist es unerlässlich, dass die Beteiligten die Projektarbeit auch geistig richtig abschliessen. Wenn sie das Gefühl haben, die Arbeit sei noch nicht erledigt und die Ergebnisse nicht erreicht, werden sie mental nicht loslassen können. Die Würdigung der Projektarbeit und -ergebnisse durch die Projektleiterin oder den Projektleiter hat in diesem Zusammenhang eine grosse Bedeutung, die leider oft sowohl unterschätzt als auch vernachlässigt wird. Anerkennende Worte und ein Ausblick, was mit den Projektergebnissen weiter geschieht, sind die beste Voraussetzung, dass sich die Mitarbeitenden neuen Projekten mit dem gewünschten Elan widmen können.

Literatur:
Forrer, F., & Schöni M. (2011): Projektmanagement. Mit knappen Ressourcen Projekte sicher steuern. Zürich, Versus Verlag.

Marcel Schöni
Betriebsökonom FH